Die Elternarbeit stellt einen bedeutenden Bestandteil unserer pädagogischen Arbeit dar, da wir als Wohngruppe sowohl familienersetzend als auch familienunterstützend agieren. Wir legen großen Wert darauf, die Eltern aktiv in den Hilfeplanungsprozess einzubeziehen und sie dabei zu unterstützen, ihre Erziehungskompetenz zu stärken. Unser Hauptziel ist es, eine Rückführung der Kinder in ihre Ursprungsfamilien zu ermöglichen und falls dies nicht möglich ist, eine langfristige Betreuung in einem neuen Lebensumfeld anzubieten, am Liebsten in unserer Einrichtung. Dabei ist es uns wichtig, dass die Bindung zwischen den Kindern/Jugendlichen und ihren Eltern und Angehörigen erhalten bleibt. Selbst bei einem Sorgerechtsentzug oder einer nicht möglichen Rückführung bleibt die Elternrolle bestehen, und die Loyalität der Kinder und Jugendlichen gegenüber ihren Eltern darf nicht verloren gehen. Gemeinsam mit den Familien arbeiten wir daran, dass die jungen Menschen positive Bindungen erleben und erfahren können. Dabei gewährleisten wir eine kindeswohldienliche Mitgestaltung der Kontaktgestaltung, selbst bei vorübergehender oder teilweise entzogener Personensorge. Der Erhalt der Bindung ist von essenzieller Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung und das Selbstverständnis der Kinder und Jugendlichen.

In unserer systemischen Haltung berücksichtigen wir die Eltern als wichtigen Bestandteil der Lebensrealität des Kindes. Eine erfolgreiche Kontaktpflege und Elternarbeit erfordert die Einbindung und Mitwirkung der Eltern oder Sorgeberechtigten in unsere pädagogische Arbeit. Von Anfang an streben wir eine transparente Kommunikation mit den Eltern an und bemühen uns darum, dass sie sich verstanden fühlen. Der Hilfeprozess wird von Anfang an gemeinsam mit den Eltern besprochen, ihre Biografien werden erfragt, akzeptiert und in der Arbeit berücksichtigt. Dabei ist es auch wichtig, Familientraditionen zu kennen und zu respektieren, um sie angemessen in den Gruppenalltag einzubringen. Die Eltern äußern ihre Bedürfnisse und Wünsche, die wir gemeinsam mit ihnen auf ihre Machbarkeit und Umsetzbarkeit im Gruppenalltag oder der Kontaktgestaltung hin prüfen. Gleichzeitig legen wir Wert darauf, kindeswohldienliches Verhalten in der Familie zu fördern, unangemessenes Verhalten zu hinterfragen und gemeinsam mit den Eltern Strategien für kindeswohldienliches Verhalten zu erarbeiten.

Die systemische Beratung spielt eine wichtige Rolle in der Elternarbeit. Dabei können verschiedene Aufgaben und Arbeitsbereiche relevant sein, wie die Unterstützung der Eltern bei der Anerkennung der Gründe für die Fremdunterbringung ihres Kindes und bei der Übernahme der Verantwortung für die Erziehung, die Klärung der Beziehungs- und Familiengeschichte durch intensive Biografiearbeit, die Entwicklung von Konfliktlösungsstrategien durch Reflexionen während der Kontaktzeiten sowie gemeinsam mit den Bezugspersonen, Kindern/Jugendlichen und Eltern, die Erkennung und Förderung der Ressourcen der Eltern, die Beratung und Aufklärung zu Fragen der kindlichen Entwicklung und Bedürfnisse, der Erziehungsmethoden, des Bindungsverhaltens und der Verbesserung der Erziehungskompetenz sowie die Begleitung und Reflexion von Kontakten und Umgängen im elterlichen Haushalt. All diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Beziehung zwischen Eltern und Kindern/Jugendlichen zu stabilisieren und das Wohl des Kindes zu fördern sowie die Rückführung in den elterlichen Haushalt zu realisieren.

Wir verfügen über einen Elternraum, in dem die Eltern während der Kontaktzeiten von unserem Elterncoach begleitet werden. Während des Kontaktes werden bereits Hinweise zu entwicklungsentsprechenden Spielmöglichkeiten gegeben. Nach dem Kontakt findet eine Reflexion statt, in der die Eltern zusammen mit dem Elterncoach neue Handlungsstrategien im Umgang mit ihren Kindern erlernen. Um diese Strategien auch im häuslichen Umfeld zu üben und eine Struktur für den elterlichen Haushalt zu entwickeln, bieten wir im weiteren Verlauf der Hilfe Elterntrainings im Elternhaushalt in Anwesenheit der Familienangehörigen an, wenn eine Rückführung kurz bevorsteht. Durch die kontinuierliche Begleitung und Reflexion der Kontaktgestaltung durch den festgesetzten Elterncoach haben die Eltern die Sicherheit, einen konstanten Ansprechpartner während der Kontakte und für die Reflexion zu haben. Der Elterncoach informiert die anderen Mitarbeiter*innen zeitnah über die Kontaktgestaltung, sodass alle Mitarbeiter*innen Ansprechpartner für die Eltern sein können.

Zusätzlich führen die jeweiligen Bezugserzieher*innen regelmäßig Elterngespräche durch. In diesen Gesprächen werden anstehende Termine für die Kinder und Jugendlichen besprochen, der aktuelle Entwicklungsstand des eigenen Kindes reflektiert, die letzten Kontakte betrachtet und Fragen und Anliegen der Eltern diskutiert. Die Reflexion der Elternkontakte basiert auf Teamabsprachen. Darüber hinaus wird in diesen Gesprächen beraten, welche Maßnahmen zur Stärkung der Beziehung zwischen Eltern und Kindern/Jugendlichen angemessen und umsetzbar sind. Die Gespräche dienen auch dazu, die Familiengeschichte aufzuarbeiten und mit ihr im weiteren Verlauf zu arbeiten. Die Erkenntnisse aus diesem Teil unserer Arbeit geben Aufschluss über das Verhalten der Eltern, aber auch über das Verhalten der Kinder/Jugendlichen. Weiterhin werden die Eltern darin angeleitet, alltägliche Aufgaben mit und für ihr Kind zu übernehmen, wie beispielsweise Termine zu übernehmen oder Kleidungseinkäufe zu erledigen. Rücksprachen und eine Sensibilisierung der Eltern im Hinblick auf mögliche medizinische und/oder psychische Diagnosen ihrer Kinder und die sich daraus ergebenden Handlungsmöglichkeiten haben einen positiven Einfluss auf die Entwicklung des Kindes/Jugendlichen und sind essenziell für eine mögliche Rückführung.

Um das notwendige Vertrauen der Eltern für diese Arbeit zu gewinnen, arbeiten wir an einer professionellen Beziehung zu den Eltern und vermitteln ihnen, dass sie bei uns einen sicheren Ort für ihre Fragen und Anliegen finden. Durch Transparenz und Offenheit unsererseits versuchen wir, Ängste, Ablehnungen und Unsicherheiten der Eltern abzubauen. Wir betrachten uns nicht als Konkurrenz zu den Eltern, sondern suchen gemeinsam nach Lösungen für etwaige Konflikte. Wir analysieren und besprechen den Ursprung von Konflikten zwischen Kindern und Eltern in Gesprächen und arbeiten mit allen Beteiligten an Lösungen basierend auf Einsicht und Kompromissbereitschaft. Dabei setzen wir voraus, dass alle Beteiligten ehrlich mit den Konfliktsituationen umgehen.

Um eine gute Zusammenarbeit sicherzustellen, legen wir von Anfang an klare Vereinbarungen und Regelungen für alle Beteiligten fest. Dies schafft Klarheit und Vertrauen. Berichte und Notizen an Institutionen und das Jugendamt werden transparent kommuniziert und sind für Eltern und Kinder/Jugendliche einsehbar.

Der Erstkontakt und das Aufnahmeverfahren spielen eine entscheidende Rolle und legen den Grundstein für den Erfolg der Elternarbeit. Zu Beginn ist es unser oberstes Ziel, eine Vertrauensbasis mit den Eltern/Sorgeberechtigten aufzubauen, um eine bestmögliche Entwicklung für die Kinder/Jugendlichen zu ermöglichen. In diesem Schritt tauschen wir uns mit allen Beteiligten aus und sammeln relevante Informationen. Dazu gehört das Kennenlernen der aktuellen Lebenssituation des Kindes und der Eltern, das Vorstellen unserer Einrichtung, das Bekanntmachen von Regeln und Abläufen, die Verdeutlichung der Bedingungen der Zusammenarbeit und das Erfassen der Bedarfe und Wünsche aller Beteiligten. Die Kooperationsbereitschaft und die Klärung der Ziele stehen im Mittelpunkt der Hilfeplanung, um eine erfolgreiche Elternarbeit zu ermöglichen. Eine detailliertes Arbeitskonzept mit klaren Richtungs- und Handlungszielen sowie Auflagen oder Aufträgen wird erarbeitet und mit allen Beteiligten abgestimmt. Eine transparente Informationsweitergabe, eine hohe Erreichbarkeit und die Bereitstellung von Ansprechpartnern sind dabei von großer Bedeutung.

Die Elternarbeit kann durch verschiedene Faktoren erschwert werden, wie die Nichtbeteiligung der Eltern, mangelnde Mitwirkung, bewusstes Entgegenwirken oder Zwangskontexte. Auch die Herausnahme von Kindern aus der Familie kann dazu führen, dass die Einrichtung nicht als Kooperationspartner, sondern als Gegner wahrgenommen wird. Besondere Situationen der Eltern, wie psychische Erkrankungen, Klinikaufenthalte, Inhaftierungen oder Umzüge, stellen eine Herausforderung für eine kontinuierliche Elternarbeit dar. In solchen Situationen bieten wir den Eltern an, in regelmäßigen telefonischen Austausch zur aktuellen Entwicklung des Kindes zu treten.

Die Elternarbeit ist ein dynamischer Prozess, der eine kontinuierliche Anpassung und Reflexion erfordert. Wir setzen uns mit Engagement und Fachkompetenz für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Eltern ein, um den bestmöglichen Unterstützungsrahmen für die Kinder und Jugendlichen zu schaffen. Indem wir die Eltern als wichtige Partner anerkennen und ihre Bedürfnisse und Anliegen ernst nehmen, können wir gemeinsam positive Veränderungen bewirken und die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen nachhaltig fördern.